Warum Pferde in der Psychotherapie eingesetzt werden
In der Psychotherapie mit dem Medium Pferd macht man sich 2 wesentliche Eigenschaften von Pferden zu nutze: Sie leben in einer Herde und sie sind Fluchttiere.
Als Herdentiere verfügen Pferde über ein differenziertes Sozialverhalten, eine klare Rangordnung und ein umfassendes System körpersprachlicher Kommunikation. Diese Merkmale machen es zu einem besonders wertvollen Lehrmeister, wenn es z.B. darum geht, sich selbst-bewusst und sozial kompetent in die Gesellschaft zu integrieren.
Pferde sind von Natur aus soziale Wesen, die sich in kleineren Herden oder Familien zusammenschließen. Geführt wird die Familie von einer erfahrenen Leitstute, die auf Grund ihrer besonderen Eigenschaften - Führungsstärke, Wissen und soziale Kompetenz – von den anderen gewählt wird. Auch wenn über die Jahre ein Wechsel der Leitstute erfolgen kann, gibt es in der Herde immer eine ganz klare Rangordnung. Diese gibt jedem Mitglied Sicherheit und Ruhe. Nach außen schützt diese Form des Zusammenlebens die Herde vor Feinden, da jeder immer genau weiß, wer die Richtung vorgibt, wer Wache hält und das Zeichen zur Flucht gibt.
Schon allein durch das Beobachten der Pferdeherde, können wir lernen zu erkennen, welche Eigenschaften für ein ausgeglichenes Miteinander nötig sind und wie diese durch Körpersprache ausgedrückt werden. Da Pferde fast ausschließlich nonverbal miteinander kommunizieren, stellen sie für Menschen, die sich nicht vorrangig mittels Sprache ausdrücken (z.B. Autismus, Mutismus), einen klaren und damit oft leichter zugänglichen Lernpartner dar. Aber auch anderen Menschen (zum Beispiel mit Konzentrationsschwierigkeiten) fällt es oft leichter, mittels körperlich spürbarer Signale zu kommunizieren.
Als Fluchttiere haben Pferde im Laufe ihrer Evolution gelernt, innerhalb von Sekunden einzuschätzen, ob ihr Gegenüber ihnen freundlich oder feindlich begegnet. Ihre Antennen für körpersprachliche Signale, für unsere Gedanken, Überzeugungen und Gefühlsregungen sind so fein, dass sie diese erkennen und darauf reagieren können, auch wenn sie uns selbst kaum (oder gar nicht) bewusst sind. Äußerlichkeiten oder Eigenschaften, die von uns Menschen als einschränkend gesehen werden (körperliche und geistige Behinderungen), sind für die Pferde dabei völlig unerheblich.
Da Pferde stets in der Gegenwart verankert sind, stellen sie sich immer wieder neu auf ihr Gegenüber ein und reagieren unmittelbar auf dessen Verhalten. Sie spiegeln uns ohne dabei über gut oder schlecht, richtig oder falsch zu urteilen. Mit ihrer klaren jedoch niemals nachtragenden Art fordern sie uns auf, durch sie (wieder) mit uns selbst in Kontakt zu kommen und uns sozial kompetent in der Gemeinschaft zu bewegen. Dank ihrer sozialen Eigenschaften sind Pferde stets an einer Interaktion interessiert, was einen hohen Aufforderungscharakter ausstrahlt. Dadurch helfen sie auch schüchternen oder antriebsschwachen Menschen (Burnout und Depression) sich zu einer gemeinsamen Aktion zu motivieren.
All dies kann, mit entsprechender Begleitung, in der Therapie Menschen helfen, andere, heilsame Erfahrungen zu machen, wieder zu ihren verschütteten Ressourcen zu finden und neue Kompetenzen auszubilden.